Kommentar: Beschluss des Gemeinderats zur Umbenennung der Agnes-Miegel-Str. 2. Juli 201417. Juli 2015 Mit Bestürzung nehmen wir den Beschluss des Gemeinderats/VA zur Kenntnis. Im Vorfeld wurde den Ratsmitgliedern sehr umfangreiches Material zum Thema „Agnes-Miegel“ zur Verfügung gestellt. Es gilt zu entscheiden, ob eine Person, die Mitglied der NSDAP und glühende Verehrerin Hitlers war und sich auch nach 1945 nicht eindeutig und öffentlich distanziert hat, würdig ist, durch einen Straßennamen besonders geehrt zu werden. Die Kosten können kein Argument gegen eine Umbenennung sein, da Adressänderungen in Personalausweis und Reisepass ein kostenfreier Service der Samtgemeinde sind. Das Grundbuchamt erhält Nachricht vom Katasteramt, nimmt eine Änderung entsprechend vor und informiert die betroffenen Grundstückseigentümer. Lediglich 11,40 € würden für eine Adressänderung in den Fahrzeugpapieren anfallen. Was andernorts an geschichtlicher Aufarbeitung bereits vollzogen ist, ist im Flecken Brome nicht möglich oder nicht gewünscht. Ein im Jahr 1938 erschienenes Gedicht endet: „Laß in deine Hand, Führer! Uns vor aller Welt bekennen: Du und wir, nie mehr zu trennen stehen ein für unser Vaterland!“ „ …wir stehen, wir Deutsche, Volk das zu Volk fand, folgend dem Ruf des Führers, Stehen zum ersten mal, nicht Gatten und Brüder Nur allein, wir stehen, Frauen und Kinder Alle im Kampfe und stehen, gefaßten Herzens, Auf uns zu nehmen, wie sie die Schrecken des Krieges: Feuer und Nacht und Not und grausames Sterben, Wie es das Schicksal bestimmt Doch es liebte noch immer die Tapfern.“ Im Herbst 1939 verfasste sie diesen Aufruf „An Deutschlands Jugend“ Aus dem Gedichtband Ostland (Jena 1940): „Übermächtig füllt mich demütiger Dank, dass ich dieses erlebe, Dir noch dienen kann, dienen den Deutschen Mit der Gabe, die Gott mir verlieh!“ Hierzu sei angemerkt, dass Schüler und Lehrer in Bad Nenndorf, dem letzten Wohnort Miegels, sich bereits 1969 gegen eine derartige Namensgebung für eine Schule gewehrt haben. In Ratingen, Homberg, Düsseldorf und anderen Orten wurden Straßen bereits umbenannt. Prof. Dr. Horst Matzerath, Historiker und u. a. von 1988 bis 2002 erster Direktor des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln schreibt in einer Stellungnahme: „ … Agnes Miegel muss als Person des öffentlichen Lebens angesehen werden, die nach außen hin aktiv den Nationalsozialismus vertreten hat, die gerade bei den Frauen und in der Jugend für ihn geworben hat und die für den Nationalsozialismus eine wichtige Symbolfigur war. Wie immer man zu ihrem literarischen Oeuvre (Lebenswerk) stehen mag, als Leitbild für eine demokratische Gesellschaft und als Vorbild für die Rolle einer verantwortungsvollen Literatin kann sie in unserer Gesellschaft nicht gelten.“ Die Mitglieder des Rates hatten mehrere Monate Zeit, sich mit dieser Thematik zu befassen. Umso enttäuschender ist die Entscheidung. In der Samtgemeinde sind wiederholt rechte Schmierereien zum Ärgernis geworden. Was wäre wohl, wenn Anhänger solcher Literatur eine „Gedenkfeier“ zum 50. Todestag in Brome abhalten würden? Wenn aus der Geschichte nicht gelernt wird, ist die Gefahr einer Wiederholung nicht gebannt. Die Verantwortung für die Aufarbeitung und das öffentliche Gedächtnis liegt auch und vor allem bei der Politik auf allen Ebenen! Es gab Angriffe gegen Asylbewerberunterkünfte. Gegenüber der NSU waren die Verantwortlichen blind, bis eine Polizistin ermordet wurde. Rechte Hooligans erobern z. Zt. die Straße. Diese Übergriffe beginnen im Kleinen, Anfänge werden verharmlost. Doch anstatt mit einer politischen Entscheidung deutlich zu machen, dass nationalsozialistisches Gedankengut hier in Brome kein Fundament findet, wird unter den Teppich gekehrt, weggeschaut, bagatellisiert und dadurch letztendlich gut geheißen. Swantje Baruschke Astrid Leibach