Kommentar 22. August 20191. September 2024 zum Beitrag von Klaus Pape im Isenhagener Kreisblatt am 21.08.2019 CO2-Hysterie und Öko-Diktatur „Wenn man die öffentlichen Debatten verfolgt, stellt man fest, es ist eine CO2-Hysterie ausgebrochen“ (Zitiert aus dem Leserbrief von Klaus Pape). Sätze wie diese liest und hört man in den vergangenen Monaten relativ häufig. Verglichen mit anderen Ländern, so das gängige Argument in dieser Debatte, stünden wir sehr gut da. Wir müssten uns kein schlechtes Gewissen einreden lassen, weil andere Länder viel schlechter mit der Umwelt umgingen. Je nach Quelle stößt Deutschland nur 2 bis 3 Prozent der weltweiten Treibhausgase aus und diejenigen, die diese „Öko-Diktatur“ anstreben, wollen den Wohlstand der Deutschen gefährden. An dieser viel zu kurz greifenden Sichtweise gibt es leider einige Probleme. Zum ersten, kann das Argument „die anderen sind doch viel schlimmer“ niemals eine Ausrede sein. Im privaten Umfeld würde man das auch niemandem durchgehen lassen. Der zweite Punkt ist, dass der CO2 Ausstoß pro Kopf im internationalen Vergleich nicht mehr so rosig aussieht (mal ganz abgesehen davon, dass wir trotz unserem Anteil von 2 bis 3 Prozent am weltweiten CO2 Ausstoß immer noch zu den 10 Ländern mit dem größten CO2 Ausstoß gehören). Unser Pro-Kopf Ausstoß liegt mit 8,88 Tonnen im Jahr 2016 noch deutlich über den 6,57 Tonnen von beispielsweise China. Kohleverbrennung ist dabei nicht das einzige Problem. Massentierhaltung (auch hier in Wittingen, wenn man an die geplanten Hähnchenmastplätze denkt), häufige Flugreisen, etliche Kurzstreckenfahrten mit einem 3 Tonnen SUV auf Strecken, die man problemlos mit dem Fahrrad zurücklegen könnte, Fliegen ist billiger als Bahnfahren und so weiter. Die Liste ist endlos. Auch dieser „gefährdete Wohlstand“, von dem FDP, Wirtschaftsverbände und so weiter immer Reden ist ein zweischneidiges Schwert. Wir ärgern uns darüber, dass in armen Ländern dreckige Energie erzeugt wird oder Brasilien den Regenwald abholzt. Wir nutzen die schlechte Lage der ärmsten Länder der Welt aus, um uns einzureden wir würden genug gegen den Klimawandel unternehmen. Unser Wohlstand basiert auch darauf, dass wir die Armut anderer Länder ausnutzen. Eigentlich sollte man doch meinen, dass wir unseren Wohlstand nutzen müssten, um mehr für das Klima zu tun. Um Beiträge zu leisten, die die Entwicklungsländer schlichtweg nicht finanzieren können. Unsere „Entwicklungspolitik“ zielt seit Jahren darauf ab, unsere Interessen sicherzustellen und Konsumenten für unsere Produkte zu generieren und nicht darauf, in den ärmsten Ländern der Welt eine nachhaltige Wirtschaft zu etablieren. Brasilien holzt den Regenwald ab und wir alle wissen, dass dies katastrophale Auswirkungen auf das Klima hat. Aber solange die Menschen der reichsten Länder nicht bereit sind, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben, solange wird Brasilien als einer der größten Fleischlieferanten der Welt weiter Regenwaldflächen roden. Es ist immer einfach mit dem Finger auf andere zu zeigen, aber es wird Zeit für uns, auch einmal Verantwortung zu übernehmen. Unser Wohlstand, der zu Teilen auch von der Armut anderer Länder abhängt (billige Jeans, billiges Fleisch, günstige Urlaubsreisen usw.) bringt eine Verpflichtung mit sich. Wir können mehr leisten, also sollten wir dies auch tun. Auch wenn unser CO2 Verbrauch pro Jahr vergleichsweise gering aussieht, darf man nicht vergessen, dass wir schon eine ganze Weile länger unsere Treibhausgase ausstoßen als dies viele der Entwicklungsländer tun. Das was viele als Klima-Hysterie bezeichnen, ist leider Realität. Die Erderwärmung durch Treibhausgase hat einen sich selbstverstärkenden Effekt. Je wärmer es wird, desto schneller schmilzt das Eis an den Polen. Große Eisflächen mit hoher Albedo schmelzen ab und die Wasseroberfläche mit geringer Albedo wächst, das bedeutet, es wird weniger Strahlung reflektiert und mehr Strahlung absolviert. Infolgedessen heizt sich das Wasser weiter auf und die Erderwärmung vollzieht sich immer schneller. Auch wenn viele Konservative und Liberale immer wieder vor einer „Klimadiktatur“ warnen und behaupten es ginge darum die sogenannte Leistungsgesellschaft zu verunglimpfen, ist das Problem dringender, als wir wahrhaben wollen. Langfristig kann nur ein drastischer Wandel in unserer Klimapolitik, in unserem Bewusstsein und in unserem Konsumverhalten unseren Wohlstand sichern. Wir müssen aufhören, ständig nach Ausflüchten und Schuldzuweisungen zu suchen und das Problem endlich konstruktiv angehen. Die Wissenschaft ist sich schon lange einig, dass der anthropogene Klimawandel ein drastisches Problem ist. Es ist Zeit, dass Gesellschaft, Politik und Wirtschaft endlich nachziehen und Verantwortung für sich und die Welt, in der wir leben, übernehmen. Robert Weibel Wittingen