EPS- Ein Trauerspiel in 5 Akten 27. Februar 201928. Februar 2019 Eichenprozessionsspinner Problem Eichenprozessionsspinner – Mehrheit im Kreistag fernab von Fachkompetenz Die Megakoalition – nur noch peinlich Ein Trauerspiel in 5 Akten Vorbemerkung zur historischen Einordnung Seit Beginn der aktuellen Wahlperiode entfernt sich die Mehrheit, die die Kreispolitik mit 42 Kommunalpolitiker*innen und dem CDU-Landrat dominiert, immer mehr von einer Politik , die mit Sachkompetenz, Kreativität und Zielorientierung diesen Landkreis zukunftsfähig machen will. Anträge der Megako wiederholen oft nur die geltende Beschlusslage oder sie beinhalten Selbstverständlichkeiten, die durch Verwaltungshandeln ohnehin umgesetzt werden müssten. Auf der anderen Seite werden die fachkompetenten Anträge der Grünen, fast immer fußend auf Zielen des Kreisentwicklungskonzeptes, abgebügelt und als Ausbund grüner Programmatik beschimpft – oft macht es den Anschein, dass die Wortführer*innen der die grünen Anträge weder gelesen und sowieso nicht verstanden haben. In den letzten Monaten scheint die Politik der Megako sich darauf zu reduzieren, dass der Landrat täglich mit einem Foto in der Zeitung erscheint und quasi als Schlossherr darstellt, welche Wohltaten er sich für den Landkreis ausgedacht hat. Prolog: In der Samtgemeinde Brome herrscht besonders in den Gemeinden Rühen und Parsau bei großen Teilen der Bevölkerung große Sorge, dass auch in diesem Jahr der starke Befall der Eichen mit dem Eichenprozessionsspinner zu starken Einschränkungen mit gesundheitlichen Schäden der Bevölkerung führen. Die Bürgermeisterin in Parsau und der Bürgermeister in Rühen heizen die Stimmung auf und fordern massive Maßnahmen, z.B. Fällen der Eichen. Der Landrat sieht wieder für sich eine Möglichkeit für eine Außendarstellung und bildet eine Arbeitsgruppe, in der nur nach Druck durch die Grünen die Umweltverbände wenigstens durch die KONU vertreten sind. Zwischenzeitlich taucht der Umweltminister Lies auf, lässt sich öffentlichkeitswirksam fotografieren und lässt sich zitieren: „Jetzt muss gehandelt werden, über Geld reden wir später!“. Als klar wird, dass das Land sich – anders als in Sachsen-Anhalt – nicht finanziell beteiligen will, wird in der Samtgemeinde Brome eine online-Petition von einer Bürgerin auf den Weg gebracht. 1.Akt Für den Kreisausschuss am 14.02.2019 liegt die AfD-Fraktion im Kreistag einen Antrag vor: Der Kreistag soll die online-Petition unterstützen. Da der Antrag zu spät eingegangen ist, muss die Dringlichkeit geprüft werden, der Antrag bekommt die 2/3 – Mehrheit nicht und wird im KA nicht behandelt, sodass die Frage, ob eine Petition überhaupt von einer juristischen Person unterschrieben werden kann, wird also nicht erörtert. Im Kreistag kann der Antrag der AfD damit nicht beschlossen werden, da keine Vorbehandlung erfolgte. 2. Akt Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will zurück zur Sachlichkeit, vor allem die fern jeder Sachkompetenz in Rühen und Parsau vorgetragene Forderung, es müsse jetzt endlich die Priorität zugunsten der Menschen und zuungunsten des Naturschutzes gesetzt und Bäume gefällt und Pestizide großflächig aus dem Hubschrauber gesprüht werden sollen, bringt uns dazu, selbst Vorstöße zu unternehmen. Außerdem werden wir von Bürger*innen kontaktiert, die große Sorgen haben, dass ihre Privatgrundstücke, Sportanlagen und Kinderspielplätze mit Insektiziden aus Hubschraubern besprüht werden. Wir holen uns also Fachkompetenz: Imke Byl aus dem Landtag, NABU und BUND, außerdem Dr. Rutschke aus dem Otternzentrum, der mit dem Thema Barcillus Thuringiensis promoviert und auch praktische Erfahrungen mit dem Mittel hat. Es wird deutlich: flächenmäßiges Versprühen ist nicht nur wegen der ökologischen Auswirkungen höchst problematisch – reden wir nicht gerade vom Rückgang der Insekten- und Vogelpopulation ? – es ist auch forstwirtschaftlich wegen der nicht ausreichenden Effizienz höchst umstritten. Aber ein gezieltes Ausbringen des Mittels in Wohngebieten kann sinnvoll sein, ansonsten ist manuelles Absaugen das Mittel der Wahl. Auf dieser Grundlage veranstalten wir eine Pressekonferenz und entwickeln einen Antrag für den zuständigen Fachausschuss, denn bislang ist die Kreispolitik noch nie handelnd mit dem Thema befasst gewesen, die Gespräche liefen hinter verschlossenen Türen, Informationen gab es ausschließlich vom Landrat. Hier fordern wir auch die Unterstützung der betroffenen Kommunen mit Landesmitteln 3. Akt Ungefähr 2 Stunden vor dem Beginn des Kreistages am 20.02.2019 erreicht mich ein Anruf aus dem Landratsbüro: Man wolle das Thema EPS doch mit dem Ziel eines Beschlusses im Kreistag behandeln, dazu bedürfe es der Einberufung einer unmittelbar vor dem Kreistag stattfindenden Sitzung des Kreisausschusses. Natürlich gehe ich hin und muss dann wahrnehmen, dass die Megako jetzt einen eigenen Antrag im Kreistag einbringen will, dafür benötigt sie aber den Kreisausschuss zur Vorbehandlung. Man teilt mir mit, dass dieser Antrag über den AfD-Antrag hinausgeht, aber im Prinzip nichts anderes will als die Grünen: eine finanzielle Beteiligung des Landes. Soll also unser Antrag ausgehebelt und ohne fachliche Vorberatung der finale Beschluss gefasst werden? Mir liegt der Antrag aber gar nicht vor, den Fraktionsmitgliedern der Grünen ohnehin nicht, aber auch nicht Rüdiger Wockenfuß, der den Kreistag wegen der Erkrankung der anderen Kreistagsvorsitzenden leiten soll. Hier ziehe ich die Notbremse und weise darauf hin, dass dieser KA nicht sachgerecht tagen kann. 4. Akt Der Tagesordnungspunkt „Unterstützung einer Online-Petition zur Bekämpfung der Eichenprozessionsspinner“ wird kaum als Sternstunde in die Annalen des Kreistages eingehen. In vollem Bewusstsein der Tatsache, dass kein Beschluss gefasst werden muss, dauert dieser Tagesordnungspunkt fast eine Stunde lang. Natürlich sind die Grünen die Bösen, weil sie aus formalen Gründen die Basis für eine Beschlusslage verweigern – zu diesem Zeitpunkt liegt weiterhin weder dem Vorsitzenden noch der AfD oder den Grünen der Wortlaut des Antrages vor, ich bin zu diesem Zeitpunkt nicht ganz sicher, ob der Antrag allen Mitgliedern der Megako vorliegt (!). Telse Dirksmeyer-Vielhauer (CDU) macht deutlich, dass es bei diesem Antrag lediglich um die Kostenbeteiligung durch das Land Niedersachsen geht. Tobias Heilmann (SPD) beschwert sich bei AfD und Grüne über das „Minister-Bashing“ des Umweltministers, der Minister habe nie finanzielle Zusagen gemacht. Landrat Dr. Ebel (CDU) wiederum führt Klage darüber, dass die Landesregierung die Menschen im Landkreis mit dieser schweren Aufgabe allein ließe. Rolf Schliephacke meint, es sei doch kein Problem, die Fraktionsvorsitzenden könnten doch am Rednerpult deutlich machen, dass sie namens ihrer Fraktion den Landrat autorisieren, die zu einem Brief an den Umweltminister Lies umzufunktionierende Resolution für alle Kreistagsmitglieder zu unterschreiben (mir liegt der Antrag immer noch nicht vor) Jürgen Völke (UWG) nennt – wie gewohnt gut vorbereitet und sachorientiert – den Tagesordnungspunkt eine Laberveranstaltung. Walter Schulze (CDU) macht einen immens kreativen Vorschlag – man möge doch einfach ein Meinungsbild abstimmen lassen. Der AfD-Vorsitzende möchte dann aber auch ein Meinungsbild über seinen Antrag haben. Der 1. Kreisrat Dr. Walter macht hier juristische Bedenken möglich, wenn kein Beschluss formal möglich sei, gelte das auch für ein Meinungsbild (Respekt!) Nicole Wockenfuß (Grüne) geht zum Rednerpult und wirft der Megako Respektlosigkeit vor, sie bekommt dann tatsächlich eine Kopie des Antrages ausgehändigt. Rüdiger Wockenfuß macht dann als Vorsitzender den weisen Vorschlag, dass die Fraktionsvorsitzenden nach Bewertung des Antrages in der eigenen Fraktion entscheiden, ob sie den Brief unterschreiben oder nicht. 5. Akt Nach Bewertung des Antrages – autorisiert von allen Fraktionen der Megako – in unserer Fraktion, wird deutlich, dass wir nicht unterschreiben können. Denn die großflächige Bekämpfung auf Landesflächen (FFH !) können wir nicht unterstützen, das „zugesagte Maßnahmenpaket“ kennen wir nicht. Ich biete dem Landrat und den anderen Fraktionen an, die beiden kritischen Punkte aus dem Brief zu entwerfen, dann könne ich für die Grünen unterschreiben. Jetzt doch noch eine Fortsetzung: Finale Die Fraktionsvorsitzende Telse Dierksmeyer-Vielhauer schreibt mir am 26.02.2019 im Namen der Megako: „Wir haben die Resolution so wie im KT angedacht, mit allen Spiegelstrichen, an die Verwaltung geschickt. Für den von Dir angedachten „Deal“ konnten sich keine Mehrheiten finden.“ Warum die SPD-Fraktion sich zum einen gegen „Minister-Bashing“ wendet, zum anderen aber selbst deutliche Kritik (s.u.) an der Landesregierung übt, muss mir jemand erklären, der schlauer ist als ich. Klaus Rautenbach 27.02.2019 Auszug aus dem Antrag der Megako Im Juni 2018 hat sich Umweltminister Lies den Befall durch den Eichenprozessionsspinner im Landkreis Gifhorn zum Anlass genommen, sich vor Ort ein Biold von den Zuständen zu machen, Bereits damals ist Unterstützung durch das Land bei der Bekämpfung zugesagt worden. In einem Gespräch zwischen der Ministerin Otte-Kinast und Minister Lies mit Landrat Dr. Ebel am 24.10.2019 haben die beteiligten Ministerien in einer gemeinsamen abgestimmten Presseerklärung vom 25.10.2018 mitgeteilt:“Das Land hat zugesagt, sich an der Organisation und Durchführung der Bekämpfungsmaßnahmen zu beteiligen,“ Auf diese Zusagen müssen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger im Landkeis Gifhorn vertrauen dürfen! – Übernahme der nachgewiesenen Kosten zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners durch das Land Niedersachsen analog der Vorgehensweise von Sachsen-Anhalt – Großflächige Bekämpfung der landeseigenen Flächen, um eine weitere Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners zu verhindern – Umsetzung des zugesagten Maßnahmenpakets in enger Abstimmung mit den betroffenen Landkreisen und Kommunen. – Umfassende Unterstützung bei Koordination und Organisation der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners sowie Forschung und Beratung zu Präventionsmaßnahmen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.