Dezemberkreistag 2020 – eine ganz besondere Sitzung

Kommentar

Die ursprüngliche Tagesordnung umfasste 60 Tagesordnungspunkte, allein diese Tatsache führte zu kontroversen Diskussionen auch in unserer Fraktion.

Auf dem Hintergrund des immer stärker werdenden Infektionsgeschehens musste sehr genau überlegt werden, ob und wie diese Sitzung stattfinden soll.

Da gibt es zum einen die Rechtslage. Auch die aktuelle Corona-Verordnung der Landesregierung lässt politische Gremiensitzungen weiter zu und auch der Sitzungsort im großen Saal bei Roth war so vorbereitet, dass Hygienebestimmungen eingehalten werden konnten.

Gleichwohl muss immer auch die Außenwirkung bedacht werden, wenn für die Bürger*innen keine privaten Möglichkeiten zum Treffen bestehen, der Kreistag aber mit ca. 70 Menschen gemeinsam in einem Raum tagt.

Aber auf der Tagesordnung waren eine Reihe von Punkten, die nicht aufschiebbar waren. Neben dem Haushalt mit vielen haushaltsrelevanten Anträgen waren auch die Naturschutzgebiete zu beschließen.

Aus meiner Sicht haben alle Fraktionen und die Verwaltung im Vorfeld Verantwortung gezeigt – Tagesordnungspunkte wurden abgesetzt, Wortmeldungen so gebündelt, sodass zu einer Reihe von Punkten nur noch abgestimmt werden musste. Außerdem wurde einvernehmlich die Redezeit auf jeweils 3 Minuten reduziert. Trotzdem hat die Sitzung insgesamt über 5 Stunden gedauert.

Insofern hätte im Nachhinein die Überlegung angestellt werden müssen, ob es nicht andere Möglichkeiten für diese Kreistagssitzung gegeben hätte. Allerdings fehlen hier bislang die technischen und auch rechtlichen Voraussetzungen. Und als wir für die Grünen einen Antrag gestellt haben, zukünftig entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, wurde dieser Antrag von allen Fraktionen ohne Diskussion abgelehnt. Das hat dann mit Verantwortung wiederum nichts zu tun.

Verantwortung – das ist auch ein gutes Stichwort für die inhaltliche Arbeit auch in dieser Kreistagssitzung. Während Arne Duncker mit großer Überzeugungskraft und plastischen Beispielen deutlich machte, dass auch dieser Haushalt mit einer nachhaltigen und in die Zukunft gerichteten Kreispolitik nichts aber auch gar nichts zu tun hat, machte es sich die SPD-Fraktion in diesem Jahr leicht: Nachdem ihr Antrag, für ein Sportstättenförderprogramm für die Gemeinden insgesamt 3 Mio € im Haushalt zu verankern (alle neuen Kreispolitiker*innen lernen, dass der Kreishaushalt von den Gemeinden gespeist wird, deshalb gab es ja auch von SPD-Bürgermeistern hier herbe Kritik) nicht die Mehrheit bekam, nahm die Fraktion diesen einen Punkt zum Anlass, gegen den Haushalt zu stimmen.

Das war zwar bemerkenswert, weil dankenswert deutlich der Riss innerhalb der Megako damit dokumentiert wurde – aber für Verantwortungsbewusstsein spricht ein solches Abstimmungsverhalten nicht. „Gut“, dass UWG, FDP und die AfD da waren – sonst wäre der Haushaltsentwurf abgelehnt worden.

Eine besondere Verantwortungslosigkeit zeigten dann auch die anderen Fraktionen, als sie den Antrag der Grünen zu den Bohrschlammgruben einfach von der Tagesordnung kickten – also ganz offenbar ist die Gesundheit der Bürger*innen im Landkreis nicht unbedingt im Fokus der Politiker*innen außerhalb der grünen Kreistagsfraktion.

Noch ein letzter Punkt zum Thema Verantwortung. Bis Oktober hätten die Verordnungen der Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete bis Oktober vom Kreistag beschlossen werden müssen, vor allem beim Barnbruch gab es erhebliche Bedenken bei der Megako. Obwohl die Stadt Wolfsburg die Verordnung bereits beschlossen hatte, wurde die Verordnung noch einmal verschoben. Natürlich hat die Stadt Wolfsburg die Verordnung nicht mehr verschoben, aus grüner Sicht sind derartig viele faule Kompromisse beim Schutz von Flora und Fauna zu verzeichnen, dass sogar für uns eine Grenze erreicht war – aber wir haben trotzdem zu jedem Zeitpunkt zugestimmt, weil wir eben auch hier Verantwortung zeigen wollen und müssen.

Auf der Dezembersitzung des Kreistages outete sich plötzlich die SPD-Fraktion, dass man der Verordnung doch zustimmen solle. Überraschung und Irritation bei der CDU – das war wohl nicht abgesprochen. Offenbar hatte der niedersächsische Umweltminister seinen Parteifreund*innen erklärt, was es bedeutet, wenn eine solche Verordnung nicht oder verspätet beschlossen wird – nämlich ein teures EU-Vertragsverletzungsverfahren, evtl. sogar das Überstülpen einer Musterverordnung ohne faule Kompromisse. Auch die neue Kreisrätin Frau Spieler machte die Konsequenzen einer Ablehnung eindrucksvoll und fachkompetent deutlich. Aber das hat die CDU nicht weiter beeinflusst – die Verordnung wurde mit 18:21 Stimmen abgelehnt!

Fazit der Sitzung: Das fachliche Niveau im Kreistag wird von Sitzung zu Sitzung schlechter, während wir Grüne uns mit großem Aufwand fachlich vorbereiten und versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten, machen die anderen Fraktionen mit platten Schaufensterreden und populistischen Anträgen eine Kreistags“arbeit“, die nur noch als verantwortungslos bezeichnet werden muss.